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Welche Begriffe, Modelle oder Methoden liegen Formaten systemischer Beratung in der Arbeitswelt zugrunde? Auf den folgenden Seiten finden Sie Hintergrundinformationen und Definitionen zu Grundlagen systemischer Beratung und des Fachbereichs.
Konflikte sind Teamwork
Wenn zwei sich streiten, bekommen es alle mit. Jeder Mensch handelt im Kontext seiner Umwelt. Wenn ein Konflikt sich festgefahren hat, lohnt es sich deshalb, auch das System zu betrachten, in dem er entstanden ist.
Konflikte sind nicht schön. Sie kosten Zeit, Kraft und Nerven. Kaum verwunderlich also, dass die meisten Menschen Auseinandersetzungen lieber vermeiden. Schade! Denn in jedem Konflikt steckt ein gewaltiges Potenzial für Verbesserung von Teamarbeit und Motivation. Systemische Ansätze können diese Superkraft freisetzen, indem sie zwischenmenschliche Beziehungen in den Fokus nehmen – weg vom staubigen Einzelsetting, hin zum echten Austausch.
Denn es ist ja nun mal so: Wenn es einen Konflikt gibt, versuchen die Beteiligten meist, die Sache – wenn überhaupt – unter sich zu klären. Man will das Thema ja schließlich nicht größer machen, als es ist und die anderen nicht mit reinziehen. Tja, blöd. Denn erst, wenn alle Personen, die zur Klärung des Konflikts beitragen können, zusammenkommen und gehört werden, kann Klarheit entstehen.
Denn Konflikte treten ja nicht auf, weil jemand versagt hat. Sie entstehen, weil Menschen unterschiedliche Strategien wählen, um ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Diese sichtbar und nachvollziehbar zu machen, das ist der erste Schritt: die Klärung.
Und die brauchen wir, um eine realistische und ehrliche Basis zu schaffen, auf der Konflikte bearbeitet und gelöst werden können. Einigungen, die aus einem tiefen Verständnis füreinander heraus zustande kommen, bringen uns langfristig weiter als oberflächliche Lösungen auf der Sachebene. Oder: Ohne System keine Lösung.
Nur so werden Konflikte und ihre Ursprünge für alle sichtbar. Die Gemeinschaft übernimmt Verantwortung für Veränderungen. In der Teamklärung lernen und wachsen alle gemeinsam, auch wenn sie nicht unmittelbar in den Konflikt involviert sind. Das System wird gestärkt und die Zusammenarbeit verbessert. Mit der Zeit lernt das Team, Konflikte rechtzeitig zu klären und sich selbst zu heilen – es entwickelt sich zu einem restorativen System.
Eine Klärung zwischen nur zwei Personen ist im Vergleich zur Teamklärung hingegen nur in seltenen Fällen hilfreich. Nämlich dann, wenn der Konflikt isoliert ist, wenn also keine weiteren Personen beteiligt sind. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn zwei hierarchisch hoch angesiedelte Personen – etwa zwei Firmeneigentümerinnen oder gleichberechtigte Partner – auf ihrer Ebene allein miteinander arbeiten müssen. Eine andere Voraussetzung für eine Klärung zwischen zwei Personen kann auch dann angebracht sein, wenn beide sowohl beruflich als auch privat sehr eng verknüpft sind. Natürlich, auch hier gibt es Systeme, in denen die Beteiligten handeln. Allerdings droht eine Vermischung der Ebenen, wenn ein beruflicher Konflikt im Beisein von zum Beispiel Familienangehörigen gelöst werden soll. In diesem Fall kann es sinnvoller sein, die beiden Konfliktparteien isoliert von ihrer Umwelt bei der Klärung zu begleiten.
Abgesehen von diesen Einzelfällen ist eine Teamklärung die sinnvollste Methode, um Konflikte und Probleme in beruflichen Kontexten anzugehen. Durch das gemeinsame Arbeiten lernt das Team kollektiv. Die Individuen treten in Beziehung zueinander, verändern Perspektiven und erlangen Vertrauen in die Gemeinschaftes. Dadurch entsteht eine tiefere Beziehung zwischen Einzelnen – unabhängig davon, ob sie direkt in den Konflikt involviert sind oder nicht. Dies ermöglicht nicht nur die Lösung aktueller Konflikte, sondern trägt auch dazu bei, zukünftige zu vermeiden.
Hendric Mostert ist Wirtschaftspsychologe, Organisationsentwickler und Mediator. Er blickt auf über 10 Jahre Erfahrung in der Wirtschaft – von Großkonzern, über klassische Managementberatung bis hin zu Startups – zurück. Für seine Arbeit und Begeisterung, mit der er Veränderungsprozesse in Unternehmen anstößt und Konflikte klärt, wurde er mit den New Work Award ausgezeichnet. Das Personalmagazin zählt ihn 2024 zu den Top-10-HR-Influencern.
Dana Hoffmann ist Moderatorin sowie Trainerin und Coachin für Führungskräfte und Teams. Als gelernte Journalistin arbeitet sie sich in kurzer Zeit voller Begeisterung in komplexe Themen ein. Sie ist systemische Organisationsentwicklerin und berät und begleitet Organisationen und Teams auf dem Weg zu effektiven Meetings, einer wirksamen Feedback- und Konfliktkultur und mehr psychologischer Sicherheit.
Kartenset: Systemische Teamorganisationsprozesse
Das Kartenset von Silvia Vater und Roman Hoch mit dem zentralen Aspekt systemischer Organisationsentwicklungsprozesse – der Arbeit mit dem Mehrpersonensystem.
Die Karten orientieren sich an den vier Kategorien „Brücke, Diagnostik, Choreografie und Integration“ und begleiten somit einen gesamten Team-Beratungsprozess. Von der Auftragsklärung über Haltungsfragen bis zur Methodenauswahl und Endbilanz gibt das Kartenset seinen Anweder*innen Strategien an die Hand, um Prozesse der Weiterentwicklung wirkungsvoll begleiten zu können. Das 56-seitige Booklet und die Online-Materialien enthalten unterstützende Beschreibungen zum methodischen Vorgehen.
Systemische Teamorganisationsprozesse Videopodcast
Maurice Malten – Effektive Team-Meetings. Impulse aus der agilen Praxis für bessere Besprechungen und Kommunikation.
This Meeting could have been an Email… Wer von uns kennt es nicht? Wir kommen aus einem Meeting und fühlen uns frustriert oder als hätten wir unsere Zeit verschwendet. Statt aktiviert sind wir gebremst oder blockiert. Diese Gefühle kommen auf, wenn Meetings zu endlosen Sitzungen werden, die keinem klaren Ablauf folgen oder nach fortlaufenden Diskussionsschleifen zu keinem Ergebnis führen.
Das muss aber nicht so sein! Maurice Malten zeigt in seinem essential wie Meetings zu einem Ort der Koordination und der Entscheidungsfindung werden, an dem Synergien geschaffen und gemeinsame Ziele erreicht werden. Solche Meetings werden zu einer bedeutungsvollen Schlüsselfunktion in Organisationen – einem essential eben! Wie das gelingt, sagt er hier:
1. Woran merkst Du, dass Du in einem effektiven Meeting sitzt?
Maurice Malten: In einem effektiven Meeting gibt es eine klare Agenda die alle Teilnehmenden bereits vorab kennen - unstrukturierte Arbeitsphasen sind als solche kenntlich gemacht und ihr Zweck wurde erklärt. Diskussionen dienen zielgerichtet einer gemeinsam geteilten Fragestellung und die Moderation sorgt dafür, dass alle sich einbringen können und kein Mensch dominiert. Die definierten Zeiten werden eingehalten, Entscheidungen werden getroffen, und alle wissen, was die nächsten Schritte sind. Es herrscht ein Klima der Offenheit und Wertschätzung, und am Ende des Meetings gibt es eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse.
2. Was mache ich in Meetings anders, wenn ich Dein essential gelesen habe?
Maurice Malten: Du wirst deine Meetings besser vorbereiten, indem du eine klare Agenda erstellst und sicherstellst, dass die Ziele des Treffens für alle Teilnehmenden deutlich sind, ggf. stellst du fest, dass es für bestimmte Oberziele noch keine Dialogräume an der Arbeit gibt – und diese definieren. Du wirst auch stärker auf die Moderation und ihr Sprachwerkzeug achten, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten sich einbringen und die Diskussion konstruktiv verläuft. Schließlich wirst du klare Kommunikationsmuster und Feedbackschleifen einführen, um die Zusammenarbeit im Team zu verbessern und von Zeit zu Zeit reflektieren.
3. Was unterscheidet Organisationen mit einer effektiven Meeting-Kultur von Organisationen mit einer ineffektiven?
Maurice Malten: Organisationen mit einer effektiven Meeting-Kultur haben Klarheit darüber, wozu ineffektive Phasen nützlich sind und passen sich durch die Reflexion und Feedbackschleifen selbstständig an (höhere Aktualisierungstendenz). Sie verwenden gezielte Formate wie Planungs-, operative und Review-Meetings, um sicherzustellen, dass alle relevanten Themen besprochen werden statt die wesentlichen Informationen im Flurfunk untergehen zu lassen. Entscheidungen werden konsequent dokumentiert und verfolgt. In ineffektiven Organisationen hingegen fehlt es oft an klarer Zielsetzung, die Meetings ziehen sich in die Länge, ohne dass greifbare Ergebnisse erzielt werden. Zudem gibt es häufig eine unzureichende Moderation und wenig Raum für konstruktive Diskussionen – Macht konzentriert sich nicht in transparenten Rollen und Zuständigkeiten, sondern informell und willkürlich-individuell.
Das Interview führte Jakob Bickeböller
Über Maurice Malten
Maurice wirkt wie ein Katalysator in komplexen sozialen und organisatorischen Dynamiken. Durch gezielte Fragen und tiefgehende Reflexion bringt er unentdeckte Potenziale ans Licht und ermutigt Menschen sowie Teams, sich weiterzuentwickeln, ohne ihre Authentizität zu verlieren.
Sein Ansatz, bestehende Strukturen von innen heraus zu transformieren, fördert Wachstum, indem er Widersprüche nicht auflöst, sondern produktiv nutzt. Als herzlicher Mutmacher schafft er vertrauensvolle Räume, in denen echte Veränderung möglich wird. Freunde und Kolleg:innen schätzen seine Fähigkeit zuzuhören und komplexe Zusammenhänge auf den Punkt zu bringen. Seminarteilnehmende erleben ihn als klar, direkt und konsequent in seiner Haltung.
Maurice' Weg begann als erster Akademiker in seiner Familie, der sich durch viele Hindernisse kämpfte und durch Mut und Entschlossenheit seinen Platz in der Welt der Beratung fand. Heute begleitet er Menschen und Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Eigenverantwortung durch verteilte Führungsarbeit und nachhaltigeren Lösungen, immer mit dem Ziel, ihnen zu helfen, über sich hinauszuwachsen und ihr volles Potenzial zu entfalten.
Ob offen oder unausgesprochen – Konflikte können den Erfolg von Projekten bedrohen oder sogar das Scheitern eines Projekts bedeuten. Damit das nicht passiert gibt Dr. Klaus Schenck den Leser*innen seines Buchs 40 Denklandkarten an die Hand, mit deren Hilfe sie konstruktiv mit Konflikten umgehen können. Die Denklandkarten enthalten dabei Konzepte und Vorgehensweisen zu den Themen Kommunikation, Entscheidungen, Führung und Veränderung. Jede Karte enthält Informationen zu ihrem Anwendungsgebiet und Nutzen, zum konkreten Vorgehen und Hinweise zum Weiterlernen. Was Klaus Schenck unter Konflikten versteht und welchen Mehrwert systemische Perspektiven im Umgang mit ihnen bieten, können Sie hier nachlesen:
1. Was verstehst Du unter einem Konflikt?
Klaus Schenck: Ein Konflikt liegt für mich dann vor, wenn jemand etwas will, aber das nicht geht. Genauer: Wenn ein Wunsch oder eine Handlungsabsicht kollidiert mit einem anderen Wunsch oder einer Handlungsabsicht, oder einem Mangel an Ressourcen oder einer Regel, die eine Erfüllung verhindert. Die beiden Absichten können sich auf zwei Personen oder Gruppen verteilen – klassischer Konflikt – oder innerhalb von mir selbst aufeinandertreffen – klassisches Dilemma
2. Welchen Mehrwert bieten systemische Perspektiven Deiner Meinung nach im Umgang mit Konflikten?
Klaus Schenck: Systemische Perspektiven helfen, den Fokus auf das Konfliktgeschehen zu erweitern, entweder durch „rauszoomen“ oder durch „reinzoomen“. Beim Rauszoomen können Kontextfaktoren ins Blickfeld kommen, beim Reinzoomen zusätzliche Details sichtbar werden. Beides kann Lösungsmöglichkeiten bieten, die vorher übersehen wurden. Beides anerkennt, typisch systemisch, dass Kontexte und Interaktionen für Lösungen relevant, vielleicht sogar zentral sind.
3. In Deinem Buch beschreibst Du die Methode des PICCA-Zyklus‘. Woraus besteht diese Methode und in welchen Situationen ist sie hilfreich?
Klaus Schenck: Der PICCA-Zyklus ist die Beschreibung einer Schrittfolge, die wiederkehrend durchlaufen werden sollte, um Ungewissheit zu reduzieren. Das englische Akronym steht für „Plan – Implement – Check – Celebrate – Adapt“. Wenn Du eine Hypothese hast, also einen Wirkungszusammenhang vermutest, Dir aber nicht sicher sein kannst, dass sie stimmt, dann empfiehlt das Modell: Plane ein Experiment (plan) und mache eine Vorhersage, was dabei (vermutlich) herauskommt. Dann führe das Experiment aus (implement) und schau nach (check), was dabei herausgekommen ist. Anerkenne alle Beteiligten (celebrate), nicht nur für gute Resultate, sondern schon allein für den Mut, das Experiment durchgeführt zu haben. Dann lerne aus der Abweichung der erzielten von den erwarteten Resultaten und passen den Plan für die nächste Runde an (adapt). Das ist eine solide wissenschaftliche Vorgehensweise für alltägliche Hypothesen – in Beratungsgesprächen wie in eigener Weiterentwicklung.
Das Interview führte Jakob Bickeböller
Über Klaus Schenck
Klaus Schenck war schon Fotolaborant, Taxifahrer, Molekularbiologe, Produkt- und Innovationsmanager. Seit 2004 arbeitet er selbständig als Managementtrainer, Berater, Coach, Organisationsentwickler, Hochschuldozent und Autor sowie als Heilpraktiker für Psychotherapie. Er fokussiert besonders gerne auf eine kluge Balance von Lösungs- und Engpassorientierung. Zu seinen Kunden gehören Konzerne, Kleinunternehmen, soziale Einrichtungen und Einzelpersonen. Er ist DGSF-zertifiziert als „Lehrender“ für Beratung, Coaching und Organisationsentwicklung.
Sein Buch „Konflikte in Projekten“ erschien 2021.
Für 2025 ist sein zweites Buch vorgesehen: über Nutzen von Metaphern in der Beratung.